Deutschland und die digitale Verwaltung
Die CONITAS GmbH hat sich zum Ziel gemacht, die Verwaltung einfach, schnell und effizient zu machen – denn Herausforderungen bei der Digitalisierung gibt es gerade in Deutschland viele. Eine Bestandsaufnahme.
Wenn es um Leuchtturmprojekte im Bereich der Digitalisierung der Verwaltung geht, führt kein Weg an Estland vorbei. Dort werden bereits heute 99 Prozent aller Verwaltungsdienstleistungen über das Internet angeboten. Grundlage dafür ist unter anderem die sogenannte Bürgerkarte, die die digitale Identität einer Person beinhaltet und gleichermaßen als Ausweis, Führerschein, Versichertenkarte und vieles mehr dient. Bei Wahlen gibt es digitale Stimmzettel, Unternehmen können online innerhalb von 3 Stunden gegründet werden – und auch in der Finanzverwaltung und im Gesundheitssystem läuft nahezu alles digital ab.
All das brachte Estland im “Digital Economy and Society Index 2021” (DESI) der Europäischen Kommission den ersten Platz in der Kategorie “Digitale öffentliche Dienste” ein. Deutschland hingegen belegte hier im vergangenen Jahr lediglich Rang 16 – und lag mit einem Wert von 67,5 sogar unter dem EU-Durchschnitt (68,1).
Das sorgt für Unmut: In einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom stuft die Mehrheit der Deutschen die eigene Stadt oder Gemeinde als “digital rückständig” ein. Zugleich gaben vier von fünf Bürger*innen an, dass sie Behördengänge gerne online erledigen wollen. Das gilt insbesondere im ländlichen Raum, wo die Digitalisierung als Chance gesehen wird, gleichwertige Lebensverhältnisse wie in Städten zu schaffen: “Mit digitalen Lösungen überwindet man Distanzen: in der medizinischen Versorgung, in der Bildung, im Bürgerservice, bei der Arbeit. Und nirgendwo sind die Distanzen größer als auf dem Land. Digitalisierung ist hier das Mittel der Wahl,“ betont Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
Viele Hürden auf dem Weg zur digitalen Verwaltung
Die Gründe für die schleppende Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland sind vielfältig: “Die Strukturen der öffentlichen Verwaltung haben sich bereits vor der Pandemie als wesentliche Hemmnisse für eine effektive Digitalisierung erwiesen,” konstatiert etwa das Institut der Deutschen Wirtschaft. Der Normenkontrollrat kritisiert in seinem „Monitor Digitale Verwaltung“ zudem die mangelhafte Personalausstattung sowie fehlende Weiterbildungen im digitalen Bereich.
Der eGovernment Monitor 2021 beleuchtet die Probleme derweil aus Sicht der Bürger*innen. Dabei wird vor allem eines deutlich: Grundsätzlich herrscht eine große Offenheit gegenüber der digitalen Verwaltung, aber die Zufriedenheit mit selbiger nimmt kontinuierlich ab. Das liegt größtenteils daran, dass die Menschen von Plattformen wie Amazon und Google gewöhnt sind, dass online alles schnell, einfach und intuitiv funktioniert. Stichwort: User Experience.
2017 wurde das Onlinezugangsgesetz (OZG) verabschiedet, das Bund, Länder und Gemeinden bis Ende 2022 dazu verpflichtet, insgesamt 575 Verwaltungsleistungen elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Bis Mitte 2021 standen jedoch nur 16 digitale Verwaltungsleistungen flächendeckend zur Verfügung, lediglich 2 davon waren Landesleistungen. Etwas besser sieht es auf Bundesebene aus: Laut Bundesinnenministerium sollen Ende Januar 2022 immerhin 70 Prozent der vom Bund organisierten Bürgerservices voll digitalisiert gewesen sein.
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Digitale Verwaltung aus Sicht der Bürger*innen denken
Doch wie kann die nachhaltige Digitalisierung der Verwaltung gelingen? Nahezu alle Studien und Umfragen kommen diesbezüglich zu demselben Ergebnis: Es reicht nicht aus, analoge Verwaltungsleistungen 1:1 ins Digitale zu überführen, vielmehr müssen die Angebote sowie sämtliche Prozesse im Hintergrund von Anfang an digital gedacht werden – und zwar aus Sicht der Bürger*innen.
Die digitale Verwaltung muss nicht nur zuverlässig sein, sondern auch barrierefrei und intuitiv nutzbar. Ein gutes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Online-Ausweisfunktion, die im Kontext der Digitalisierung der Verwaltung eine Schlüsselrolle einnimmt. Eingeführt vor über zehn Jahren, haben diese laut einer PwC-Umfrage bis heute lediglich 9 Prozent (!) jemals genutzt. Das lag einerseits an fehlenden Anwendungsfällen, andererseits aber auch an Hürden wie der notwendigen Aktivierung sowie dem erforderlichen Lesegerät. Inzwischen kann letzteres immerhin durch ein Smartphone ersetzt werden.
Perspektivisch soll die “AusweisApp2” auch die Möglichkeit bieten, die Daten des Personalausweises vollständig auf dem Smartphone zu speichern, so dass dieses ausreicht, um sich im Netz auszuweisen. Wenn dann auch wie durch die CONITAS vorangetrieben noch der Datenaustausch im Öffentlichen Dienst gelingt, könnte die Digitalisierung der Verwaltung auch hierzulande stärker Fahrt aufnehmen.